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Anonymisierung von OGH-Urteilen in Österreich


Der OGH anonymisierte am 11.10.2018 nachträglich den Vornamen, den Geburtstag und das Geburtsmonat eines Opfers in einem Strafurteil aus dem Jahr 1999.

 

Das Geburtsjahr bleibt im Rechtsinformationssystem des Bundes im Volltext der Entscheidung verfügbar.


Urteile des OGH in Strafverfahren (und auch in anderen Verfahren) werden dann im Rechtsinformationssystem des Bundes veröffentlicht, wenn es sich nicht um eine begründungslose Zurückweisung handelt. (§ 15 Abs 1 OGH-Gesetz).

 

 

 

Namen, Anschriften und erforderlichenfalls auch sonstige Orts- und Gebietsbezeichnungen, die Rückschlüsse auf die betreffende Rechtssache zulassen, sind durch Buchstaben, Ziffern oder Abkürzungen so zu anonymisieren, dass die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung nicht verloren geht.

 

 

 

Im Jahr 1999 hat der OGH in einer strafrechtlichen Entscheidung neben dem Vornamen auch Geburtsdatum des Opfers zur Gänze im Rechtsinformationssystem des Bundes veröffentlicht, weil diese Informationen auch im Text der Rechtsmittelentscheidung abgedruckt waren.

 

 

 

Das Opfer hat sich nun direkt an den OGH gewendet, und den Antrag gestellt, dass diese Daten nachträglich anonymisiert werden. Dazu hat der OGH am 11.10.2018 einen Beschluss gefällt, und einerseits auf § 15 Abs 4 OGH-Gesetz verwiesen:

 

 

 

In der Entscheidungsdokumentation Justiz sind Namen, Anschriften und erforderlichenfalls auch sonstige Orts- und Gebietsbezeichnungen, die Rückschlüsse auf die betreffende Rechtssache zulassen, durch Buchstaben, Ziffern oder Abkürzungen so zu anonymisieren, dass die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung nicht verloren geht.

 

 

 

Die Bestimmung bezieht sich nicht nur auf die Parteien, sondern auch auf alle anderen Personen, die im Entscheidungstext (Opfer, Zeugen …) genannt werden.

 

 

 

Auf Geburtstag, Geburtsmonat und Geburtsjahr wird in § 15 Abs 4 OGH-Gesetz nicht explizit verwiesen.

 

 

 

Der OGH verweist daher in der Entscheidung zusätzlich explizit auf Art 17 Abs 1 lit a DSGVO und das Recht auf Löschung für betroffene Personen in der DSGVO.

 

 

 

Art 17 (1) Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, und der Verantwortliche ist verpflichtet, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern einer der folgenden Gründe zutrifft:

 

a)     Die personenbezogenen Daten sind für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig.

 

 

 

Ausdrücklich verweist der OGH auch auf Art 4 Z 1 DSGVO zur Definition der „personenbezogenen Daten“, und kommt zum Schluss:

 

 

 

„…. im Hinblick auf den wenig verbreiteten Vornamen des Opfers im Zusammenhalt mit dessen vollständigen Geburtsdaten ist dieses identifizierbar.“

 

 

 

Der OGH bezieht sich dann auf die „Erforderlichkeit“ dieses personenbezogenen Datums zum Verständnis der veröffentlichten Entscheidung und kommt zum Schluss:  

 

 

 

„Da die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung auch bei Anonymisierung des Geburtstags und Geburtsmonats sowie des Vornamens des Opfers gewährleistet ist, war dem Antrag – vom für die Entscheidung über eine nachträgliche Anonymisierung zuständigen […] Senat – Folge zu geben.

 

 

 

Offensichtlich ist der OGH im konkreten Fall der Ansicht, dass das Geburtsjahr für die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung wesentlich ist, und daher wurde dieses nicht anonymisiert. Da es sich um ein Verfahren handelt, bei dem die Unmündigkeit des Opfers wesentlich ist, ist dies auch verständlich und nachvollziehbar.

 

 

Autor: Michael Schweiger, zert DSBA (03.12.2018)


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