Namensschilder bei Kundenkontakt? Zulässig, oder nicht?
Die DSGVO sorgt wieder dafür, dass wir uns mit Namensschildern bei Personen mit Kundenkontakt beschäftigen. Mir persönlich ist es lieber, wenn ich im Baumarkt oder im Möbelgeschäft, bei dem sogar die Möbel zum Teil mit Namen gekennzeichnet werden, die Person, die mich berät, oder der ich eine Frage stelle, mit ihrem Namen ansprechen kann. Aber muss die Person es zulassen, dass sie derart identifizierbar ist?
Auch der ORF hat am 21.01.2019 darüber berichtet.
1. Ist die DSGVO anwendbar?
Bei den Namensschildern wird es sich um Ausdrucke aus der Personalverwaltung und/oder Namenslisten handelt. Die Ausdrucke sind sicherlich nicht strukturiert abgelegt, denn die Namensschilder sind auf der Kleidung der Mitarbeiter*Innen angebracht.
Dennoch handelt es sich mE um eine „Veröffentlichung“ von personenbezogenen Daten, die in einer automationsunterstützten Form verarbeitet werden, nämlich die Namen der Mitarbeiter*Innen, die in der Personaldatenverarbeitung verarbeitet werden, zu einem bestimmten Zweck, nämlich der Möglichkeit, dass Kunden die Mitarbeiter`*Innen mit dem Namen persönlich ansprechen können.
Die DSGVO ist daher mE grundsätzlich anwendbar, und so sieht es auch die Landesbeauftragte für den Datenschutz (im Ürigen auch bereits vor Geltungsbeginn der DSGVO mit Bezug auf das damalige BDSG):
„Bei einem Namen handelt es sich um ein personenbezogenes Datum im Sinne des Artikel 4 Nummer 1 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Der Name wird häufig durch den Arbeitgeber zunächst elektronisch verarbeitet mit dem Logo des Unternehmens versehen und auf das Schild oder die Arbeitskleidung übertragen.“ (Quelle: https://www.datenschutz.bremen.de/datenschutztipps/orientierungshilfen_und_handlungshilfen/namensschilder_auf_der_arbeitskleidung-15400 )
2. Der Zweck der Verarbeitung
Der Zweck liegt darin, den Kunden und Interessenten, aber auch den eigenen Mitarbeiter*Innen (insbes. in größeren Organisationen) eine Möglichkeit der persönlichen Ansprache der Mitarbeiter*Innen zu geben.
3. Die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung
Die Rechtsgrundlage kann mE nicht der Arbeitsvertrag (Art 6 Abs 1 lit b DSGVO) sein, denn diese Art der Verarbeitung (Tragen eines Namensschildes) ist für die Erfüllung der Rechte und Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis (Hauptpflicht: die vertraglich vereinbarte Leistung der Mitarbeiter*Innen in inhaltlicher Hinsicht; Nebenpflichten: Treuepflicht etc…) nicht erforderlich.
Als Rechtsgrundalge kommt daher mE nur das berechtigte Interesse iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO in Betracht. Dieses kann darin liegen, dass der Arbeitgeber möchte, dass Kunden und/oder Interessenten und/oder andere Mitarbeiter*Innen, die in direkten Kontakt mit den jeweiligen Mitarbeiter*Innen stehen, die Möglichkeit haben, diese persönlich anzusprechen, und so eine persönliche und freundliche Atmosphäre mit Kundenfreundlichkeit entsteht. Da dies mit großer Wahrscheinlichkeit eine positive Auswirkung auf das Unternehmen selbst haben wird, und auch ideele Interessen im Rahmen des Art 6 Abs 1 lit f DSGVO berücksichtigt werden, ist dies mE ein legitimes Interesse iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO.
Durch die Veröffentlichung des Namens auf einem Namensschild kann dieses legitime Interesse mE auch erfüllt werden.
Im Rahmen der Prüfung, ob ein berechtigtes Interesse als Grundlage für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten herangezogen werden kann, sind auch die Interessen sowie Grundrechte und Grundfreiheiten der natürlichen Personen, deren Daten verarbeitet werden, im konkreten Kontext zu berücksichtigen und eine Interessensabwägung vorzunehmen. Wenn die Interessen der natürlichen Personen überwiegen, dann darf die Verarbeitung der Daten in dieser Art und Weise nicht erfolgen.
Die Interessen der natürlichen Person können darauf gerichtet sein, dass der Name einem bestimmten Personenkreis nicht offengelegt wird. Nach Ansicht der Landesbeauftragten für den Datenschutz in Bremen ist dabei zu differenzieren:
(a)
Namensschilder werden nur „innerhalb“ des Unternehmens getragen, und außenstehende Personen
erfahren den Namen nicht -> kein Überwiegen von Interessen der betroffenen Personen
(b)
Namensschilder werden zur Identifikation der Mitarbeiter*Innen durch Kunden und/oder
Interessenten verwendet, dh außenstehende Personen erfahren den Namen des/der Gesprächspartners/in durch das Namensschild.
Hierbei kann es dazu kommen, dass durch die Verwendung von Vor- und Nachname auf dem Namensschild und öffentlich verfügbarer Quellen, zB Telefonbuch, Internetrecherche ein Kunde auch die
Privatadresse des/der Mitarbeiters/in herausfindet, und diese/n gewissermaßen stalkt. Auch kann eine Profilbildung erfolgen, wenn bereits vorhandene Daten um den Beruf angereichert werden.
Diese Möglichkeit, dass dritte Personen die veröffentlichen Namen zu derartigen Zwecken verwenden, stellen Interessen dar, die es zu schützen gilt.
Ausgehend von dieser Einschätzung kommt die Landesbeauftragte für den Datenschutz in Bremen zum Schluss, dass ein Arbeitgeber die Anbringung eines Namensschildes mit dem Nachnamen verlangen kann,
die Angabe von Vor- und Nachnamen jedoch zu weit in die Interessen der Mitarbeiter*Innen eingreift.
4. Datenminimierung und Angemessenheit
Daten dürfen nach Art 5 Abs 1 lit c DSGVO nur „zweckangemessen“ verarbeitet werden, und müssen auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein. Wenn ein Arbeitgeber den Kunden/Interessenten die Möglichkeit geben will, die Mitarbeiter*Innen persönlich anzusprechen, dann reicht der Nachname aus, um diesen Zweck zu erreichen. Die Ansprache wird mit „Herr Müller“ oder „Frau Meier“ ausreichend sein, um den positiven Kundenkontakt, den der Arbeitgeber sich vorstellt, zu erreichen.
Aus diesem Grund sollte daher mE das Namensschild auf den Nachnamen beschränkt sein, da der Vorname nicht notwendigerweise dazu führt, dass der Zweck erreicht wird oder die Zweckerreichung verbessert wird.
5. Exkurs: Namensschild mit Körbchengröße
Im Jahr 2013 kam es in Schweden zu einem Rechtsstreit. Eine Dessous-Kette verlangte von den Mitarbeiter*Innen nicht nur die Angabe des Namens, sondern auch der eigenen Körbchengröße auf dem Schild. Als Begründung gab der Arbeitgeber an, dass so den Kunden ein besserer Beratungsservice geboten werden könne.
Der Dienstgeber hat den Rechtsstreit verloren und musste nach Angabe der Welt (https://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article115190014/Verkaeuferin-sollte-eigene-Koerbchengroesse-angeben.html) sogar Schadenersatz leisten.
6. Fazit bzw. Tipp:
a. Verwenden Sie den Nachnamen und lassen Sie den Vornamen weg.
b. Informationspflicht: Beachten Sie, dass Sie ihre Mitarbeiter*Innen über diese Verarbeitungstätigkeit (im Rahmen der Information gem. Art 13 DSGVO) zu informieren haben.
c. Da die Verarbeitung auf dem berechtigten Interesse iSd Art 6 ABs 1 lit f DSGVO beruht, kommt den Mitarbeiter*Innen in Widerspruchsrecht iSd Art 21 DSGVO zu. Auf dieses ist im Rahmen der Information hinzuweisen.
d. Vergessen Sie nicht, diese spezielle Verarbeitungstätigkeit auch ins Verzeichnis gem. Art 30 DSGVO aufzunehmen.
e. Bei Personen, die in Kundenkontakt stehen, werden üblicherweise die Interessen derselben Ihre Interessen am „freundlichen Kundenkontakt und der Ansprachemöglichkeit“ nicht überwiegen, sodass diese Art der Verarbeitung zulässig ist.
f. In besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, die die Mitarbeiter*In im Einzelfall darlegen muss, kann eine persönliche Situation des/der Mitarbeiter*In dazu führen, dass das Widerspruchsrecht zu respektieren ist.
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