Ein Verein veröffentlichte im Internet Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse von Mannschaftsführern, um die Kommunikation zu ermöglichen. Das verstößt nach Ansicht der DSB gegen das Recht auf Geheimhaltung (DSB-D123.032/0003-DSB/2018, 12.11.2018).
Das Beschwerdeverfahren.
Ein Mannschaftsführer beschwerte sich bei der DSB, dass seine Daten (Name, Telefonnummer und Email-Adresse) im Internet auf der Website das „Österreichischen N-Sportverbandes“ frei zugänglich abrufbar waren.
Der Verband betreibt eine Website, bei der es auch einen Mitgliederbereich gibt. Die Veröffentlichung der Daten im frei zugänglichen Bereich erfolge auf Grundlage des Art 6 Abs 1 lit f DSGVO (berechtigtes Interesse), nämlich um die Kommunikation mit den Mannschaftsführern zu ermöglichen.
In der Stellungnahme führte der Verein weiters aus:
„Jeder Mannschaftsführer, so auch der Beschwerdeführer, müsse vernünftiger Weise damit rechnen, dass die Kontaktdaten veröffentlicht werden würden. Auch gegen die Verpflichtung zur Datenminimierung sei nicht verstoßen worden – so würden nur aktuelle Mannschaftsführer angegeben und seien die Daten auf Namen, E-Mail-Adressen und Telefonnummern beschränkt. Nach Ende der Meisterschaftssaison würden die Daten wieder entfernt.“
Beseitigung der Rechtsverletzung durch „Löschen“.
Während des Verfahrens hat der Beschwerdegegner die Daten des Beschwerdeführes entfernt, und die Daten waren nicht weiter ersichtlich. Der Beschwerdegegner führte aus, dass dadurch die Rechtsverletzung beseitigt sei.
Anders als bei der Geltendmachung von Betroffenenrechten, kann der Beschwerdegegner die Beschwerde nicht dadurch abwenden, dass er den rechtskonformen Zustand während des Verfahrens herstellt, wenn die Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung geltend gemacht wird. Wenn ein Verantwortlicher eine betroffene Person, auch nur in einem begrenzten Zeitraum, im Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs 1 DSG) verletzt hat, und dies führt zu einer Beschwerde, dann führt dies zu einem Feststellungsbescheid, in dem die Rechtsverletzung festgestellt wird.
„Die schlichte Löschung der Daten vom öffentlichen Bereich der Webseite erweist sich daher nicht als Beseitigung der negativen Folgen im Sinne des § 24 Abs. 6 DSG – wie vom Beschwerdegegner mit „fehlende Beschwer“ impliziert (vgl. dazu bspw. auch den Bescheid der Datenschutzkommission vom 25. Oktober 2013, GZ K121.990/0016-DSK/2013).“
Interessensabwägung – was muss „überwiegen“?
Die DSB verwies insbes. auch auf die Rechtsgrundlagen der Verarbeitung, und führt dazu aus:
„das Interesse an der Verarbeitung muss das berechtigte Interesse an der Geheimhaltung überwiegen.“
Diese Feststellung, die unter Verweis auf Heberlein in Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung2, Art. 6 Rz. 25 erfolgt, ist mE heftig zu kritisieren.
Art 6 Abs 1 lit f DSGVO lautet:
„die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, […]“
Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl in Knyrim, DatKomm Art 6 DSGVO (Stand 1.10.2018, rdb.at), stellen das Prüfschema des Art 6 Abs 1 lit f DSGVO wie folgt dar:
„1. Vorliegen eines berechtigten Interesses, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden,
2. Erforderlichkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses und
3. kein Überwiegen der Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person.“
Das „Überwiegen“ der (berechtigten) Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten ist seit Geltung der DSGVO nicht (mehr) notwendig. Bei Gleichwertigkeit im Rahmen der Interessensabwägung ist die Verarbeitung zulässig. Es müssen die Interessen der betroffenen Personen an der Geheimhaltung überwiegen, damit die Verarbeitung unzulässig ist.
Interessensabwägung im konkreten Fall.
Ob diese „juristische Spitzfindigkeit“ bei der konkreten Interessensabwägung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, bezweifle ich.
Da es ohnehin möglich war, die Verarbeitung bzw. Veröffentlichung der Daten auf den Mitgliederbereich der Website zu beschränken, und es kein großes Hindernis darstellt, dass sich die Mitglieder einloggen, um die Namen, Adressen und Email-Adressen der Mannschaftsführer erfahren zu können, stellt die Veröffentlichung dieser Daten im allgemeinen Bereich der Website eine Beeinträchtigung des Rechts auf Geheimhaltung dar.
Es besteht nach Ansicht der DSB auch kein Mehrwert an der allgemeinen Veröffentlichung bzw. Verfügbarkeit dieser Daten, wohingegen eine „es eine erhebliche Einschränkung der Grundrechte und -freiheiten des Beschwerdeführers“ darstellt.
20.03.2019, Autor:
Michael Schweiger, zert DSBA
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Hans Kummer (Mittwoch, 20 März 2019 14:49)
Wie ist Art 6 Abs 1 lit f DSGVO mit § 1 Abs 2 DSG zu vereinbaren, da nach dem DSG daran anknüpft wird dass "Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig sind", nach DSG also die Interessen des Verantwortlichen (oder Dritten) überwiegen müssen, während nach DSGVO nach dem Wortlaut die Interessen der betroffenen Person überwiegen müssen?