EUR 2.200,-- an Geldstrafe für eine nicht ausreichend gekennzeichnete Videoüberwachung, die nicht auf Bereiche beschränkt ist, welche im ausschließlichen Verfügungsbereich des Verantwortlichen ist.
Außerdem filmten die Kameras den höchstpersönlichen Lebensbereich (Betreten und Verlassen von Wohnungen).
Mit rk Bescheid vom 20.12.2018 (DSB-D550.037/0003-DSB/2018) hat die DSB ein Straferkenntnis gefällt.
Die Strafen im Einzelnen
Für die Erfassung von Bereichen, die nicht ausschließlich im Verfügungsbereich des Verantwortlichen sind: EUR 1.000,--
Für die Erfassung des höchstpersönlichen Lebensbereiches ohne Einwilligung: EUR 1.000,--
Für die mangelhafte Kennzeichnung: EUR 200,--
Ausschließlicher Verfügungsbereich darf gefilmt werden.
Die Videokamera wurde von einem Wohnungseigentümer in einem Mehrparteienhaus, das von einer Hausverwaltung verwaltet wird, betrieben.
Es waren mindestens zwei Kameras.
Eine Kamera filmte, Flächen, die zur allgemeinen Nutzung dienten (Parkplätze, Gehwege, Hof-, Garten- und Zugangsbereiche zur Wohnanlage sowie Teile einer benachbarten Liegenschaft). Eine weitere Kamera filmte den Gang sowie die Wohnungseingangstüren und damit auch das Betreten und Verlassen von Wohnungen, sohin den höchstpersönlichen Lebensbereich.
Übertragung der
Daten ins Internet.
Die Bilddaten wurden nicht nur gespeichert, sondern auch in sozialen Medien veröffentlicht, wobei jedenfalls auch Kennzeichen von geparkten KFZ lesbar waren.
Mangelhafte
Kennzeichnung.
Die Videoüberwachungsanlage war auch nicht ausreichend gekennzeichnet.
Keine Teilnahme des
Beschuldigten am Verfahren.
Der Beschuldigte hat die per Rückschein von der DSB zugestellte Aufforderung zur Rechtfertigung nicht von der Post abgeholt, und das Poststück ist daher an die DSB mit dem Vermerk „nicht behoben“
retourniert worden.
Interessensabwägung durch die DSB.
„Zur Rechtmäßigkeit von Verarbeitungsvorgängen führt Erwägungsgrund 47 unter anderem erläuternd aus, dass diese durch die berechtigten Interessen eines Verantwortlichen, auch eines Verantwortlichen, dem die personenbezogenen Daten offengelegt werden dürfen, oder eines Dritten begründet sein kann, sofern die Interessen oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen; dabei sind die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen, zu berücksichtigen. Ein berechtigtes Interesse könnte beispielsweise vorliegen, wenn eine maßgebliche und angemessene Beziehung zwischen der betroffenen Person und dem Verantwortlichen besteht, z. B. wenn die betroffene Person ein Kunde des Verantwortlichen ist oder in seinen Diensten steht.
Auf jeden Fall wäre das Bestehen eines berechtigten Interesses besonders sorgfältig abzuwägen, wobei auch zu prüfen ist, ob eine betroffene Person zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten und angesichts der Umstände, unter denen sie erfolgt, vernünftigerweise absehen kann, dass möglicherweise eine Verarbeitung für diesen Zweck erfolgen wird. Insbesondere dann, wenn personenbezogene Daten in Situationen verarbeitet werden, in denen eine betroffene Person vernünftigerweise nicht mit einer weiteren Verarbeitung rechnen muss, könnten die Interessen und Grundrechte der betroffenen Person das Interesse des Verantwortlichen überwiegen.
5. Der Aufnahmebereich der gegenständlichen Kameras erfasst – […] vor der Wohnanlage gelegene, zur allgemeinen Nutzung durch alle Hausbewohner bestimmte Flächen wie Hof-, Garten- und KFZ-Abstellflächen und Teile einer benachbarten Liegenschaft.“
Die DSB erkannte auch aufgrund der Tatsache, dass öffentliche Bereiche gefilmt wurden, auf Seiten des Verantwortlichen keine berechtigten Interessen. „Vielmehr überwiegen im vorliegenden Fall die (grundrechtlich) geschützten Rechte auf Geheimhaltung und Schutz des Privat- und Familienlebens der Nachbarn und sonstigen Betroffenen iSd § 1 DSG bzw. Art. 7 GRC und Art. 8 EMRK ein allfälliges Interesse am Betrieb der gegenständlichen Bildaufnahme.“
Das Verschulden.
Mit 1. Jänner 2019 trat diesbezüglich eine gesetzliche Änderung in Kraft, die aber auf den gegenständlichen Sachverhalt noch nicht anwendbar war.
Bei sog. Ungehorsamsdelikten, dh Verwaltungsübertretungen, deren Tatbild in einem bloßen Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder einer Nichtbefolgung eines Gebotes besteht und das keinen Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr vorsieht, besteht eine „Verschuldensvermutung“. Die Behörde nimmt ein strafbares Verhalten an, wenn der Täter nicht glaubhaft machen kann, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. VwGH, 18.6.1990, 91/09/0132). Der Beschuldigte muss Vorbringen zu erstatten, und Beweise anzubieten, dass das strafbare Verhalten trotz eines ausreichenden Überwachungs- und Kontrollsystem in der Organisation – gewissermaßen zufällig – verwirklicht wurde. Es ist darzulegen, dass „der Beschuldigte Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit Grund erwarten ließ.“
Mit 1.1.2019 wurde § 5 VStG geändert, und nun hat die Strafbehörde das Verschulden nachzuweisen, wenn die Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe von über EUR 50.000,-- bedroht ist.
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Christof (Dienstag, 04 August 2020 16:56)
Bei unserer Wohnanlage wird bei den Papiercontainer Plastik und Restmüll entsorgt, darf man diesen Bereich auch nicht überwachen?