In einem Verfahren bei der DSB hat ein rumänischer Beschwerdeführer sich wegen eines Löschbegehrens bei einem rumänischen Verantwortlichen beschwert. Die österreichische DSB ist dafür nicht zuständig.
Nach Ansicht der DSB (Bescheid vom 18.03.2019, DSB-D123.955/DSB/2019) kann eine Beschwerde nicht bei „jeder Aufsichtsbehörde“ iSd Art 77 in der gesamten EU eingebracht werden. Ein minimaler Anknüpfungspunkt des Beschwerdefalles an Österreich ist notwendig, so zB der gewöhnliche Aufenthalt, der Arbeitsplatz oder der Ort des mutmaßlichen Verstoßes. Es muss einen „objektiven Konnex“ zwischen dem Beschwerdefall und dem Land, in dem die Aufsichtsbehörde tätig ist, geben.
Sachverhalt
Die betroffene Person, ein rumänischer Staatsbürger, wandte sich mit folgendem Anliegen an die österreichische Datenschutzbehörde:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Alexandru A***, rumänischer Staatsbürger.
[...]
Ich schreibe Ihnen mit dem Ersuchen, falsch platzierte persönliche Informationen über mich und meine Familie, basierend auf Suchergebnissen In U*** von den folgenden Seiten zu entfernen, : Anfragen in u***.md, u***.ro, u***.com: "Alexandrue A***"; [hier gekürzt]”
Die Informationen auf diesen Seiten enthalten verzerrte Fakten und Unwahrheiten, die nicht durch offizielle Dokumente belegt oder belegbar sind und schlicht falsch sind. [...] Ich möchte, dass diese Bilder auch entfernt werden, da das Fortbestehen eine Gefahr für meine Sicherheit sowie die meiner Familie darstellt.
Ich habe mich wiederholt persönlich und telefonisch an die Besitzer von E***.MD und die damit verbundenen Ressourcen gewandt mit der Bitte, die Artikel zu entfernen, [...]
Als Reaktion darauf erhielt ich nur unbegründete Verweigerungen und Drohungen von Informationsmobbing (oder eine falsche Informationskampagne gegen meine Person zu führen). [...]
Freundliche Grüße.
Alexandru A***“
Der Beschwerde waren 15 Anträge auf Löschung gem. Art 17 DSGVO angeschlossen, wobei es sich um unterschiedliche Verantwortliche handelte, und der Großteil der Verantwortlichen hatte ihren Sitz in der Republik Moldau. Kein einziger Verantwortlicher hatte seinen Sitz in Österreich.
Die Reaktion der DSB auf die Beschwerde
Die DSB sandte dem Beschwerdeführer eine Mitteilung, und legte ihm nahe, die Beschwerde zurückzuziehen, und bei der rumänischen Datenschutzbehörde zu erheben. Dies sei die Behörde seines gewöhnlichen Aufenthaltes, und die Unterlagen in Österreich seien gem. Art 8 Abs 1 B-VG in der Amtssprache deutsch einzubringen. Es gäbe nur einen einzigen Bezug zu Österreich, und das sei die Einbringung der Beschwerde bei der österreichischen Datenschutzbehörde.
Der Beschwerdeführer reagierte, und teilte u.a. folgendes mit:
„... möchte Sie aber dennoch ersuchen, meinen Antrag weiter zu bearbeiten. Meine Meinung ist, dass die österreichische Datenschuzbehörde das Problem besser als rumänische Datenschutzbehörde auflösen kann. […]“.
Zwei Wochen später sandte der Beschwerdeführer seine Eingaben in deutscher Übersetzung.
Die relevante Bestimmung der DSGVO
Im konkreten Fall ist es fraglich, ob der (rumänische) Beschwerdeführer aufgrund des Art 77 DSGVO die Möglichkeit hat, sich in einem nicht-österreichischen Sachverhalt gegen nicht-österreichische Verantwortliche an die österreichische Datenschutzbehörde zu wenden.
„Gem. Art 77 DSVO hat jede betroffene Person unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, insbesondere in dem Mitgliedstaat ihres gewöhnlichen Aufenthaltsorts, ihres Arbeitsplatzes oder des Orts des mutmaßlichen Verstoßes, wenn die betroffene Person der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen diese Verordnung verstößt.
Erw.Gr. 141 besagt, dass jede betroffene Person das Recht haben soll, bei einer einzigen Aufsichtsbehörde insbesondere in dem Mitgliedstaat ihres gewöhnlichen Aufenthalts eine Beschwerde einzureichen und gemäß Artikel 47 der Charta einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf einzulegen, wenn sie sich in ihren Rechten gemäß dieser Verordnung verletzt sieht oder wenn die Aufsichtsbehörde auf eine Beschwerde hin nicht tätig wird, eine Beschwerde teilweise oder ganz abweist oder ablehnt oder nicht tätig wird, obwohl dies zum Schutz der Rechte der betroffenen Person notwendig ist.“ (Auszug aus der Entscheidung).
minimaler objektiver Konnex erforderlich
Die DSB ist der Ansicht, dass ein minimaler (objektiver) Konnex zwischen dem Land, in dem die Aufsichtsbehörde tätig ist, und dem Beschwerdeverfahren gegeben sein muss.
Selbst wenn Art 77 DSGVO derart weit formuliert ist, dass der Wortlaut nahelegt, dass sich eine betroffene Person wahllos die Aufsichtsbehörde in der EU aussuchen könnte, ist es nicht Sinn und Zweck des Art 77 DSGVO, Aufsichtsbehörde als zuständig für die Einbringung einer Beschwerde zu erklären, zu denen keinerlei objektiver Konnex besteht.
Es ist zwar nicht mehr notwendig (wie in der DSRL), die Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde einzubringen, in der der Verantwortliche seinen Sitz hat, aber ein räumliches und/oder sprachliches Naheverhältnis wird von der DSB gefordert.
kein „forum shopping“ nach Art 77 DSGVO
Art 77 DSGVO kann nach Ansicht der DSB nicht so verstanden werden, dass es eine völlig freie Behördenwahl iSe „forum shopping“ ermögliche, insbes. wenn ein Beschwerdeführer einer Aufsichtsbehörde die Führung des Verfahrens nicht zutraut.
8.10.2019, Autor
Michael Schweiger, zert DSBA
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