Darf eine Hausverwaltung die (berufliche) E-Mail-Adresse eines Miteigentümers als Kontaktadresse an einen anderen Miteigentümer herausgeben, damit eine Kontaktaufnahme erfolgen kann?
Die DSB und in der Folge das BVwG hatte sich mit dieser Frage zu beschäftigen.
Eine betroffene Person hat Beschwerde eingereicht, da eine Hausverwaltung deren „berufliche E-Mail-Adresse“ an eine dritte Person (einen Miteigentümer) weitergegeben hatte.
Nun liegt die Entscheidung des BVwG vor
Sachverhalt und Entscheidung der DSB
Ein Möbelstück stand auf der Allgemeinfläche eines von der Hausverwaltung verwalteten Objekts.
Ein Miteigentümer eines vermieteten Objektes wandte sich an die Hausverwaltung und teilte dieser mit, dass ein Mieter ihn angerufen hatte. Der Mieter wollte direkten Kontakt zu einem Eigentümer aufnehmen, der mutmaßlich das Möbelstück aufgestellt hatte.
Der Hausverwalter gab die (berufliche) E-Mail-Adresse dem Eigentümer bekannt, und dieser gab die E-Mail-Adresse seinem Mieter weiter. Der Mieter kontaktierte daraufhin den anderen Eigentümer.
Die Person, deren E-Mail-Adresse so dem Mieter bekannt gegeben wurde, wandte sich an die Datenschutzbehörde und behauptete einen Verstoß gegen das Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs 1 DSG).
Es sei keine Veranlassung gegeben gewesen, die E-Mail-Adresse weiter zu geben. Sie sei als Eigentümerin der Wohnung dort bekannt, scheine im Grundbuch auf, und der Name sei auf der Gegensprechanlage gespeichert. Es bestehe sohin eine einfache Möglichkeit der Kontaktaufnahme für Eigentümer/innen und Mieter/innen. Auch hätte eine Nachricht im Postkasten hinterlassen werden können.
Es bestehe keinerlei Anlass, die beruflichen Daten weiterzugeben, und dadurch offenzulegen, welche berufliche Tätigkeit die betroffene Person ausübt. Diese Information ist für den anderen Miteigentümer nicht erforderlich, um Kontakt aufzunehmen.
Die DSB entschied im Sinne des Beschwerdeführers.
Die berufliche E-Mail-Adresse einer Person stellt ein personenbezogenes Datum dar.
Der Versand des Emails ist eine Verarbeitung im Sinne des Art. 4 Z 2 DSGVO.
Ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung dieser personenbezogenen Daten ist grundsätzlich gegeben.
Die Weiterleitung (und damit die Bekanntgabe der E-Mail-Adresse) als „unbürokratische und unkomplizierte Lösung“, die zur Offenlegung jener Daten, die auf die berufliche Tätigkeit der Partei schließen lassen, ist nicht gerechtfertigt.
Argumente im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG
In der Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht argumentierte die Hausverwaltung mit § 20 Abs 1 WEG und der allgemeinen Interessenwahrungsverpflichtung.
Durch die Weiterleitung der bekannt gegebenen Zustellanschrift, nämlich der E-Mail-Adresse, habe die Hausverwaltung ihre grundsätzliche Verpflichtung gemäß § 20 Abs. 1 WEG wahrgenommen, auf Verlangen einer anderen Wohnungseigentümerin bzw. eines Wohnungseigentümers die ihr bekannte Zustellanschrift zu übermitteln. Anderes gelte nur bei einer ausdrücklich gegenteiligen Weisung einzelner Wohnungseigentümer/innen. Eine solche Weisung lag zum Zeitpunkt der Übermittlung nicht vor.
Die Entscheidung des BVwG
Das BVwG teilt die Ansicht, dass die Hausverwaltung gem. § 20 Abs 1 WEG verpflichtet ist, auf Verlangen Wohnungseigentümern/Innen die ihr bekannten Zustelladressen herauszugeben. Die Grenze dieser Verpflichtung liegt dort, wo es eine Weisung des/der Eigentümer/in gibt, und dadurch ein Interessenskonflikt entsteht. Dies dient dazu, die Eigentümer/Innen bei der Einberufung von Versammlungen oder Einleitung von Verfahren zur Willensbildung zu unterstützen.
Die Nutzung von Allgemeinflächen durch einen Miteigentümer kann die Willensbildung aller Miteigentümer/Innen erfordern.
Es muss dennoch eine Interessenabwägung zwischen den Interessen aller Miteigentümer/innen der Liegenschaft und dem individuellen Interesse des betroffenen Miteigentümers erfolgen.
Die Tatsache, dass die betroffene Person an der Liegenschaftsadresse wohnt und auch dort erreichbar ist, muss bei der Offenlegung von Daten, die auf ihre berufliche Tätigkeit schließen lassen, mitbedacht werden.
Die Hausverwaltung kann auch durch Bekanntgabe von Namen und Postanschrift (anstelle der beruflichen E-Mail-Adresse) an den ersuchenden Miteigentümer ihrer Verpflichtung gem. § 20 Abs 1 WEG nachkommen , und damit die Kontaktaufnahme mit der betroffenen Person ermöglichen. Dies ist uU nicht so bequem wie die Weitergabe der E-Mail-Adresse, aber „Bequemlichkeit“ ist kein Erlaubnistatbestand iSd Art 6 Abs 1 lit a bis f DSGVO.
Es stellt zwar die Effizienz der Bearbeitung von Anfrage mE ein berechtigtes Interesse dar, aber dieses wird durch die Geheimhaltungsinteressen der betroffenen Person, die nicht will, dass ihre berufliche Tätigkeit bekannt wird, überwogen.
Die Hausverwaltung hat daher gegen die DSGVO verstoßen als diese die (berufliche) E-Mail-Adresse eines Wohnungseigentümers, mit der derselbe immer mit der Hausverwaltung korrespondierte, einem anderen Miteigentümer bekannt gab (und damit iSd der DSGVO verarbeitete).
Die Bekanntgabe der Kontaktdaten hätte auch durch gelindere Mittel, die im konkreten Fall nicht zur Offenlegung der beruflichen Tätigkeit der betroffenen Person geführt hätten, nämlich Name und Postanschrift, erfolgen können. Die Hausverwaltung ist iSd Art 5 Abs 1 lit c DSGVO – dem Grundsatz der Datenminimierung – angehalten, diese gelinderen (eingriffsärmeren) Mittel zu verwenden. Nach dem Grundsatz der Datenminimierung dürfen Daten nur verarbeitet, und daher auch in diesem Fall nur übermittelt werden, wenn dies für den konkreten Zweck der Verarbeitung (Bekanntgabe einer Adresse zur Kontaktaufnahme) angemessen und erheblich ist, und der Dateninhalt auf das notwendige Maß beschränkt ist.
„Die Weiterleitung der beruflichen Emailadresse ist mit dem Grundsatz der Datenminimierung nicht in Einklang zu bringen.“
Fazit:
· Eine Hausverwaltung
darf die berufliche E-Mail-Adresse für die eigenen Zwecke der Korrespondenz mit dem Miteigentümer nutzen, dh auch im System gespeichert haben
·
Wenn ein Miteigentümer anfragt und um Bekanntgabe der Kontaktdaten ersucht, dann dürfen nur diejenigen Daten herausgegeben werden, die erforderlich sind, um eine
Kontaktaufnahme zu ermöglichen, jedenfalls daher Name und Postanschrift.
·
Es dürfen keine Daten weitergegeben werden, die es dem Empfänger ermöglichen, Informationen zu erhalten, die für die Abwicklung seiner Anfrage, dh Kontaktaufnahme,
nicht notwendig sind.
·
Wenn daher die berufliche E-Mail-Adresse als Korrespondenzadresse hinterlegt ist, dann darf diese nicht weitergegeben werden, weil daraus auf die berufliche Tätigkeit der betroffenen
Person geschlossen werden kann, und dies eine Information ist, die für den auskunftsersuchenden Miteigentümer nicht notwendig ist, um den betroffenen Miteigentümer zu
kontaktieren.
· Wenn eine „private“ E-Mail-Adresse (zB gmx.net oder gmail.com) hinterlegt ist, könnte die Beurteilung anders ausfallen, da durch die Bekanntgabe dieser Kontaktadresse „nur“ offengelegt wird, dass die betroffene Person über einen E-Mail-Account verfügt, jedoch keine zusätzlichen weiteren Informationen bekannt gegeben werden, die sich zB auf die berufliche Tätigkeit der betroffenen Person beziehen
06.01.2021, Autor
Michael Schweiger, zert DSBA
Kommentar schreiben
Michael Gütlbauer (Mittwoch, 06 Januar 2021 22:33)
Bitte Aktenzeichen der E ergänzen und möglichst verlinken. Danke!