Ein pauschaler Verweis auf die (anwaltliche) Verschwiegenheitspflicht ist nicht zulässig. Eine vollständige Auskunft iSd Art 15 DSGVO ist jedoch uU nicht zu erteilen, wenn dies zu Nachteilen für Klienten oder die/den Rechtsanwalt/Rechtsanwältin selbst führen kann.
Die anwaltliche Verschwiegenheit und Auskunftsrecht iSd Art 15 DSGVO.
Bescheid vom 20.03.2020, GZ: DSB-D124.881/0003-DSB/2019 ,
n-rk.
(Auskunftsrecht versus anwaltliche Verschwiegenheitspflicht)
Eine betroffene Person verlangte Auskunft von einem Anwalt, der eine Gemeinde vertrat, die mit der betroffenen Person mehrere Rechtsstreite führt. Die betroffene Person hatte weitere
Rechtsstreite gegen die vom Rechtsanwalt vertretene Gemeinde angekündigt.
Der Rechtsanwalt erteilte der auskunftsersuchenden Person unter Hinweis auf die aktuellen und noch zu führenden Rechtsstreitigkeiten zwischen seiner Mandantin - der Gemeinde - und ihm/ihr selbst sowie aufgrund seiner anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht keine Auskunft. Nach der Judikatur des BVwG ist ein pauschaler Hinweis auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gemäß § 9 Abs. 2 RAO als Begründung für die Nichterteilung einer Auskunft unzulässig. (siehe dazu auch unten sowie den Blogbeitrag vom 16.12.2018)
Die betroffene Person wandte sich an die DSB, und diese entschied, dass hier eine vollständige Auskunftserteilung die Prozesssituation der Mandantin und auch die Ausübung der Anwaltschaft durch den Beschwerdegegner negativ beeinträchtigen könnte.
Der Rechtsanwalt musste der betroffenen Person daher nur Stammdaten (wie Name, Titel und Adresse), nicht aber sonstige Informationen beauskunften.
Der Bescheid der DSB ist nicht rechtskräftig.
Fazit:
Wenn eine vollständige Auskunftserteilung iSd Art 15 DSGVO gegenüber einer Person dazu führt, dass
- eine Prozesssituation eines (aktuellen oder mE auch ehemaligen) Mandanten oder
- die Ausübung der (eigenen) anwaltlichen Tätigkeit beeinträchtigt wird,
dann kann eine „beschränkte“ Auskunft, die nur die Stammdaten (Name, Titel, Adresse, Bezug zur/m Rechtsanwalt/anwältin) beinhaltet, erfolgen.
Ein „pauschaler“ Verweis auf die Verschwiegenheitspflicht iSd § 9 RAO ist nicht zulässig, wobei § 9 Abs (4) RAO zu beachten ist (BVwG, W214 2228604-1 vom 3.11.2020).
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