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Kundenkonto mit Werbefunktion und Gastkauf – eine Entscheidung des BVwG ermöglicht Werbenutzung von Kundendaten im Kundenkonto, wenn ein Gastkauf möglich ist.


Kundenkonto mit Werbefunktion und Gastkauf – eine Entscheidung des BVwG ermöglicht Werbenutzung von Kundendaten im Kundenkonto, wenn ein Gastkauf möglich ist.     
Das BVwG hat am 12.06.2023 (W252 2248630-1) eine Entscheidung zum Thema Kundenkonto und Werbung, Kopplung und Gastkauf gefällt. Diese wollen wir Ihnen kurz vorstellen.

 

 

 

 

Sachverhalt

 

Ein Unternehmen betreibt einen Onlineshop. Im Onlineshop haben Kunden – die Wahl, entweder mit einem „Kundenkonto“) oder als „Gast“ zu bestellen.

 

Bei Bestellungen über das Kundenkonto werden die Daten der Kunden zu Werbe- und Marketingzwecken sowie zur Kundenbetreuung verarbeitet.

 

Bei einer Gast-Bestellung erfolgt keine Verarbeitung zu Werbe-, Marketing-, oder Kundenbetreuungszwecken.

 

Das Speichern von Rechnungs- und Lieferadresse sowie Versand- und Zahlungsinformationen ist nur in Verbindung mit einem Kundenkonto möglich. Bei einer Gast-Bestellung müssen diese Daten bei jeder Bestellung neu eingegeben werden.

 

Im Rahmen der Registrierung für das Kundenkonto muss ein:e Kund:in verpflichtend ein nicht vorausgefülltes Kontrollkästchen anklicken, mit dem in die Verarbeitung zu Werbe-, Marketing- und Kundenbetreuungszwecken eingewilligt wird. Unterhalb dieses Kontrollkästchens befindet sich der zusätzliche Hinweis, dass eine Bestellung auch als „Gast“ getätigt werden kann.

 

Die (negative) Entscheidung der Datenschutzbehörde

 

Die Datenschutzbeschwerde erklärte in der ersten Instanz, dass die Einwilligung aufgrund eines Verstoßes gegen das sogenannte Koppelungsverbot nicht als Grundlage für die Verarbeitung iSd Art 6 Abs 1 lit a DSGVO verwendet werden kann.

 

Die DSB hielt fest, dass es unzureichend ist, das Charakteristikum eines Kundenkontos in einem Onlineshop lediglich in dem unterbreiten von Angeboten und Rabatten sowie der Möglichkeit der Speicherung von Einkaufslisten, Rechnungs-, Liefer- und Zahlungsinformationen zu sehen, ohne dabei etwaige Kaufverträge über die im Onlineshop angebotenen Waren zu berücksichtigen. Wenn man spätere Käufe gänzlich außer Acht lässt, so haben wohl weder die Kunden ein Interesse daran Angebote für Produkte zu unterbreiten, ohne sich eine Bestellung dieser Produkte zu erhoffen, noch die der Onlineshop ein Interesse daran ihre Liefer- bzw Zahlungsinformationen preiszugeben, ohne einen Einkauf im Onlineshop zu planen.

 

Zur Freiwilligkeit der erteilten Einwilligung hat die DSB gesondert ausgeführt. Nach Ansicht der DSB bestehen die vertragstypischen Hauptleistungspflichten, wie bei Bestellungen in einem Onlineshop üblich, in der Lieferung der bestellten Artikel gegen die Zahlung des Kaufpreises. Für die vertragscharakteristische Hauptleistung (Lieferung der bestellten Artikel gegen die Zahlung des Kaufpreises) ist die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Kund:innen zu Werbe- und Marketingzwecken sowie zur Kundenbetreuung eindeutig nicht erforderlich. Dies ergibt sich schon alleine daraus, dass Bestellungen auch ohne derartige Verarbeitungen (Gastbestellungen) möglich sind.

 

Die DSB hat sich auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Gastbestellung eine zumutbare, gleichwertige Alternative darstellt. Im Onlineshop können Kund:innen zwischen einer Bestellung über ein Kundenkonto oder einer Gastbestellung frei wählen. Die Hauptleistungspflichten (Ware gegen Geld) sind somit ident, wobei die DSB .

 

Die belangte Behörde kommt zum Schluss, dass aufgrund des Mehraufwandes des wiederholten Eingebens der Liefer- und Zahlungsinformationen die Gastbestellung zu einer Kundenkontobestellung ist nicht gleichwertig.

 

 

 

Die gegenteilige Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts

 

Nach Ansicht des BVwG sind die Hauptleistungen (Ware gegen Geld) gleich.

 

Der „Mehraufwand“, der mit einer Gastbestellung verbunden ist, ist den Kund:innen auch zumutbar. Durch die, bei jeder neuen Gastbestellung erforderliche Eingabe von Rechnungs-, Liefer- und Zahlungsinformationen wird der Einkauf im Onlineshop weder faktisch unmöglich gemacht, noch wesentlich erschwert.

 

Eine Gastbestellung nimmt – insbesondere wenn keine sogenannte Auto-Fill Funktion zum automatischen befüllen von Formularen in Internetbrowsern verwendet wird – im Normalfall etwas mehr Zeit in Anspruch, als eine Bestellung über ein Kundenkonto bei dem die erforderlichen Informationen bereits hinterlegt sind.

 

Allerdings müssen auch bei einem Kundenkonto Benutzername und Passwort eingeben, sowie allenfalls die hinterlegten Liefer[1]und Zahlungsinformationen bestätigt werden.

 

Der Mehraufwand für eine Gastbestellung hält sich daher in Grenzen und bleibt im Rahmen des Zumutbaren.

 

Die Möglichkeit Bestellinformationen im Kundenkonto zu speichern stellt darüber hinaus lediglich einen „zulässigen Anreiz“ dar (siehe dazu EDSA Leitlinien 05/2020 zur Einwilligung gemäß Verordnung 2016/679, Version 1.1, angenommen am 04.05.2020 Rz 37, 50). Deren Wegfall ist somit kein Nachteil, da der Einkauf weiterhin über die zumutbare Alternative der Gastbestellung möglich ist.

 

Auch die Bezeichnung als „Gast“-Bestellung nicht irreführend, da diese Bezeichnung im Onlinehandel etabliert und auch durchschnittlichen Kunden als Bestellmöglichkeit ohne vorherige Registrierung bekannt ist.

 

Die Möglichkeit der Bestellung in ihrem Onlineshop wurde nicht von einer Einwilligung in eine Verarbeitung personenbezogener Daten zu Werbe- und Marketingzwecken sowie zur Kundenbetreuung abhängig gemacht, da eine Möglichkeit gegeben ist, über einen Gastkauf ohne Einwilligung dieselbe Leistung zu beziehen.

 

Die Einwilligung im Onlineshop zu einer Datenverarbeitung in Werbe- und Marketingzwecke ist somit freiwillig und gültig, da es die Möglichkeit eines Gastkaufes gibt.

 

 

 

Fazit:

 

Es sind die Leistungen selbst, und nicht die Umstände des Vertragsabschluss maßgebend. Zu vergleichen sind die Hauptleistungen, die den Leistungsinhalt darstellen.

 

 

 

Wenn es die Möglichkeit eine Gastkaufes gibt, bei dem auch bei weiteren Bestellungen die Daten der Kund:innen neu eingegeben werden müssen, ist es unbedenklich für die Registrierung im Kundenkonto, bei welchem dann auch die Bestellhistorie analysiert und für Marketingzwecke verwendet wird, eine Einwilligung in diese Verarbeitung zu Marketingzwecken zu verlangen. Da man sich bei einem Kundenkonto auch mit Benutzername und Passwort wieder anmelden muss, ist die Neueingabe der Daten beim Gastkauf keine unzumutbare Schranke für den (neuerlichen) Vertragsabschluss und dies bietet eine gleichwertige Alternative zum Kundenkonto mit Einwilligung zur Verarbeitung für Marketingzwecke.

 

 

 

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