Die Weiterleitung der E-Mail-Korrespondenz zwischen Eigentümer:in und Hausverwaltung an externe Unternehmen verletzt das Recht auf Datenschutz

Eine Beanstandung einer Betriebskostenabrechnung gegenüber einer Hausverwaltung führte zu einer Datenschutzbeschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht (19.4.2024, W 2872251990 - 1/8E) hat darüber geurteilt, und eine Entscheidung der Datenschutzbeschwerde (10.01.2022) bestätigt. 

 

Ein:e Eigentümer:in erhält die Betriebskostenabrechnung, überprüft diese und stellt vermeintliche Ungereimtheiten fest. Die betroffene Person wendet sich per E-Mail mit einer Darstellung des Sachverhaltes an die Hausverwaltung. Die Hausverwaltung leitet das E-Mail (mit Offenlegung von Namen, E-Mail-Adresse und Sachverhalt) einem externen Empfänger weiter, der vom Inhalt der Mitteilung bzw. dem Sachverhalt betroffen ist. Der/Die Eigentümer:in war selbst mit diesem externen Empfänger bereits davor in E-Mail-Kontakt, sodass die E-Mail-Adresse und der Name diesem Empfänger bekannt waren. 

 

Die Datenschutzbehörde hat entschieden, dass die Hausverwaltung das Recht auf Geheimhaltung des/der Eigentümer:in durch die Offenlegung des Inhaltes der Beschwerde verletzt hat, da durch die Verknüpfung mit Namen und E-Mail-Adresse auch die im E-Mail getroffenen Aussagen personenbezogene Daten darstellen. 

 

Der Inhalt der Sachverhaltsdarstellung sei nicht zur Kenntnisnahme durch Dritte bestimmt gewesen, und die Weiterleitung ist durch keine Rechtsgrundlage gedeckt. 

 

Die Hausverwaltung konnte sich auch nicht auf das berechtigte Interesse stützen und es besteht auch keine . Die Wahrnehmung von berechtigten Interessen (effiziente Abwicklung der Hausverwaltung) wurde zwar bejaht, aber die Weiterleitung des gesamten E-Mails sei nicht erforderlich gewesen, um dieses Interesse zu verfolgen. 

 

Die Hausverwaltung argumentierte, dass der Wohnungseigentumsvertrag eine Klausel (Datenschutz) beinhalte, der die Weiterleitung ermögliche: 

 

„5.4. Den Wohnungseigentümern ist bekannt, dass die Verwaltung automationsunterstützt elektronisch Daten verarbeitet. Sie nehmen zur Kenntnis, dass die Verwaltung unter der Nummer 0008591 registriert ist, und erklären sich ausdrücklich mit der Ermittlung, Verarbeitung und Übermittlung geschützter Daten gemäß §§ 17 und 18 des Datenschutzgesetzes (BGBl. Über den Schutz personenbezogener Daten, Nr. 565 vom 18.10.1979) einverstanden. Sie nehmen zur Kenntnis, dass anstelle der Verkäuferin als derzeit selbst verwaltende Gesellschaft auch eine andere natürliche oder juristische Person mit den gleichen Befugnissen treten kann.“

 

 

Nach Ansicht des BVwG entspricht diese "Datenschutzklausel" nicht den Anforderungen einer Einwilligung iSd Art 7 DSGVO, insbes. verstößt diese mE auch gegen das Kopplungsverbot und enthält keinen Hinweis auf die jederzeitige Widerruflichkeit der Einwilligung.

 

Eine Datenverarbeitung zur Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen (Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO) scheidet ebenso aus, zumal die Weiterleitung der personenbezogenen Daten für die Erfüllung des Verwaltungsvertrages oder des Wohnungseigentumsvertrages nicht erforderlich ist.

 

Die Abklärung der von dem/der Eigentümer:in aufgeworfenen Fragen hätte auch ohne Offenlegung der Identität der mitbeteiligten Partei problemlos erfolgen können, zumal es für die inhaltliche Aufklärung und die Beantwortung der Fragen unerheblich ist, von welchem der Wohnungseigentümer die Themen aufgeworfen wurden.

 

Erforderlichkeit iSd Art 6 Abs 1 lit b DSGVO (und auch iSd Art 6 Abs 1 lit f - berechtigtes Interesse) ist dann nicht gegeben, wenn der Vertragszweck (oder das berechtigte Interesse) auch ohne Kenntnis der Daten erreicht werden kann.

 

Außerdem steht der/die Eigentümer:in in keinem Vertragsverhältnis zur Hausverwaltung, sondern der Verwaltungsvertrag zwischen der (rechtsfähigen) Eigentümergemeinschaft und der Beschwerdeführerin abgeschlossen wurde (vgl. § 2 Abs. 5 WEG iVm §§ 18 ff. WEG; Schulz in Gola/Heckmann DS-GVO Art. 6 Rz 30). 

 

Auch zum "berechtigten Interesse" iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO traft das BVwG Aussagen: 

 

"Das Interesse der Beschwerdeführerin (Anm: Hausverwatlung) bestand darin, die Rechnungslegung des Hausbetreuerunternehmens zu prüfen und die Vorwürfe bzw. Fragen der mitbeteiligten Partei (Anm: Eigentümer:in) zu klären. In diesem Zusammenhang ist naturgemäß auch die Übermittlung einer Darstellung des Sachverhaltes und insbesondere der von der mitbeteiligten Partei  (Anm: Eigentümer:in) in ihrer Email vom 03.02.2021 aufgezeigten Themen notwendig. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dazu auch die Nennung der mitbeteiligten Partei (Anm: Eigentümer:in) durch Weiterleitung der vollständigen Email erforderlich war.

 

Die mitbeteiligte Partei  (Anm: Eigentümer:in) hatte demgegenüber im konkreten Fall ein Interesse daran, dass dem Hausbetreuerunternehmen nicht offengelegt wird, dass die im Email angeführten Themen von ihr konkret aufgebracht wurden. Schließlich verfügte die mitbeteiligte Partei (Anm: Eigentümer:in) über die Kontaktdaten des Hausbetreuerunternehmens auch selbst und stand mit diesem bereits vorher in Kontakt. Es wäre ihr daher auch möglich gewesen, die Themen auf direktem Weg mit dem Hausbetreuerunternehmen abzuklären, hätte sie dies gewollt, wohingegen sie den (anonymen) Weg durch Zwischenschaltung der Hausverwaltung wählte. Insgesamt war es nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht erforderlich, die vollständige Email der mitbeteiligten Partei (Anm: Eigentümer:in) an das Hausbetreuerunternehmen weiterzuleiten, um das Interesse der Beschwerdeführerin (Anm: Hausverwaltung) zu verfolgen und die Beanstandungen der Rechnungen aufzuklären, sodass eine Berufung auf den Rechtmäßigkeitsgrund des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ausscheidet."

 

 

 

Den Volltext der Entscheidung finden Sie bei unserem Kooperationspartner Gesetzefinden.at 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0