Eine geschädigte Person will Auskunft vom Schädiger, um die Prozessposition einschätzen oder verbessern zu können - Rechtsmißbrauch oder Anspruch nach Art 15?

Im Hinblick auf eine von einer geschädigten Person allenfalls geplante Rückforderungsklage gegen einen Glückspielanbieter begehrte diese eine Auskunft bzw Datenübermittlung vom Anbieter. 

 

Der Glückspielanbieter argumentierte, dass dem Kläger kein Auskunftsrecht nach Art 15 DSGVO zustehe, weil er mit der Auskunft bloß Beweismittel für einen Zivilprozess gegen ihn erlangen wolle. Die anspruchsstellende Person verfolge nicht das Ziel, die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zu überprüfen. Vor diesem Hintergrund sei sein Berufen auf Art 15 DSGVO rechtsmissbräuchlich.

 

Das Oberlandesgericht Wien hat nun am 10.06.2024 (GZ 14 R 48/24t) dazu das Berufungsurteil gefällt, und Folgendes entschieden, wobei die ordentliche Revision für zulässig erklärt wurde (!) - Hervorhebungen durch den Autor:

 

Soweit die Beklagte schließlich mit einem berechtigten Geheimhaltungsinteresse gemäß § 4 Abs 6 DSG iVm Art 15 Abs 4 DSGVO aufgrund der durch die Informationsherausgabe drohenden Schwächung ihrer Prozessposition (gemeint wohl: in dem drohenden Leistungsverfahren wegen Glücksspielverlusten) behauptet (Berufung S 10 f), begründet sie dies nicht näher.

 

Sie argumentiert nur wieder damit, dass das Auskunftsersuchen (wegen Rechtsmissbrauchs) nicht rechtmäßig sei.

 

Richtig ist, dass nach § 4 Abs 6 DSG und dem bereits zitierten ErwGr 63 DSGVO das Auskunftsrecht die Rechte und Freiheiten anderer Personen – wozu auch der Verantwortliche zählt -, etwa Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse oder Rechte des geistigen Eigentums und insbesondere das Urheberrecht an Software, nicht beeinträchtigen soll (Haidinger aaO Art 15 Rz 3, 49, 51 ff mwN).

 

Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass der betroffenen Person jegliche Auskunft verweigert wird (ErwGr 63 letzter Satz; vgl auch 6 Ob 19/23x). [...] 

 

Vielmehr begründet sie ihre Rechtsansicht ausschließlich mit der von ihr befürchteten Schwächung ihrer Rechtsposition im erwarteten Folgeprozess.

 

Abgesehen davon, dass der Kläger auch im Wege eines Rechnungslegungsbegehrens nach Art XLII EGZPO eine entsprechende Auskunft der Beklagten erzwingen könnte, sodass im Vergleich dazu ihre Rechtsposition im Folgeprozess durch die Datenauskunft nicht geschwächt wäre, begehrt der Kläger lediglich die Daten aus einer gemeinsamen Geschäftsverbindung, sodass ein „Geheimnis“ der Beklagten ihm gegenüber nicht ersichtlich ist (vgl zum Begriff des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis: Haidinger aaO Art 15 DSGVO Rz 51/1).

 

4.6 Da somit die Beklagte ein Verweigerungsrecht nicht erfolgreich aufzeigen konnte, besteht der Anspruch des Klägers auf Auskunft iSd Art 15 Abs 1 DSGVO und damit das Klagebegehren zu Recht.

 

Der EuGH hat zwar in C-307/22 (nach einer Vorlage durch den BGH zur "Patientenakte")  am 26.10.2023 zwar entschieden, dass die Verpflichtung des Verantwortlichen, der betroffenen Person unentgeltlich eine erste Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen, auch dann gilt, wenn der betreffende Antrag mit einem anderen als den in Satz 1 des 63. ErwG der DSGVO genannten Zwecken begründet wird, aber für mich stellt sich im konkreten Fall die Frage, des Umfanges des Auskunftsanspruches, wenn zB davon auszugehen ist, dass die anspruchstellende Person in Kenntnis ist, dass sie gespielt hat, und an sich nur eine "Zusammenfassung" ihres eigenen Glückspielkontos bei der beklagten Partei erhalten möchte. 

 

Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung kann die betroffene Person auch dann prüfen, wenn zB nicht sämtliche diesbezüglichen Transaktionen im Rahmen des Auskunftsverfahrens zur Verfügung gestellt werden, da sich an der Verarbeitung über den gesamten Zeitraum wohl kaum etwas geändert haben wird.

 

Wir werden Sie auf dem Laufenden halten. 

 

 

 

 

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