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Die "Entschuldigung" als Ersatz des immateriellen Schadens nach Art 82 DSGVO - kann das reichen?

Der EuGH hat in C-507/23 am 4.10.2024 eine neue Kategorie der Erfüllung einer Schadenersatzverpflichtung geschaffen.

 

Der Sachverhalt, der sich in Lettland abgespielt hat: 

 

Eine in Lettland als Automobiljournalist bekannte Person wurde im Rahmen einer Kampagne zur Sensibilisierung der Verbraucher über Risiken beim Gebrauchtwagenkauf ohne Zustimmung in einer Videosequenz imitiert, die von der Verbraucherschutzbehörde PTAC auf mehreren Websites verbreitet wurde. Trotz des Widerspruchs dieser Person blieb die Videosequenz online, und die Behörde lehnte Forderungen nach Entfernung und Schadenersatz wegen Rufschädigung ab.

 

 

Daraufhin wandte sich die betroffene Person an das zuständige Gericht forderte

  • die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Handlungen der Behörde, da ihre personenbezogenen Daten ohne Zustimmung verwendet und verbreitet wurden.

Der Journalist verlangte

  • eine Entschuldigung und
  • eine Entschädigung in Höhe von 2.000 Euro für immateriellen Schaden.

Das Gericht entschied, dass die Handlungen rechtswidrig waren, und ordnete an, dass

  • die Behörde die rechtswidrige Handlung zu unterlassen,
  • eine öffentliche Entschuldigung auszusprechen und
  • 100 Euro als Entschädigung für den immateriellen Schaden zu zahlen.

 

Die zweite Instanz bestätigte den Ausspruch der Verpflichtung zur Entschuldigung, urteilte aber, dass eine finanzielle Entschädigung nicht zusteht, da keine Ehrverletzung vorlag, und der Verstoß nicht schwerwiegend ist. 

 

In einem lettischen Vorabentscheidungsverfahren wurde die folgende Vorlagefrage gestellt:

 

Ist Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen, dass er es gestattet, dass dann, wenn keine Möglichkeit zur Wiederherstellung des Zustands vor der Verursachung des Schadens besteht, als einziger Ersatz für den immateriellen Schaden die Verpflichtung auferlegt wird, sich zu entschuldigen? 

 

Das lettische Gesetz sieht u.a. auch die Entschuldigung als möglich Form von Schadenersatz vor:  

 

Art. 14 („Auferlegung der Verpflichtung zum Ersatz immaterieller Schäden“) des Valsts pārvaldes iestāžu nodarīto zaudējumu atlīdzināšanas likums (Gesetz über die vermögensrechtliche Haftung der öffentlichen Verwaltung) vom 2. Juni 2005 (Latvijas Vēstnesis, 2005, Nr. 96) bestimmt in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gesetz von 2005):

„(1)      Die Verpflichtung zum Ersatz immaterieller Schäden wird nach Maßgabe der Bedeutung der gesetzlich geschützten Rechte und Interessen, in die der Eingriff erfolgt ist, nach Maßgabe der Schwere des jeweiligen Eingriffs im Licht der Begründung und der tatsächlichen und rechtlichen Beweggründe für die Handlung der Behörde, nach Maßgabe des Verhaltens und der Mitverantwortlichkeit des Geschädigten und nach Maßgabe der weiteren im Einzelfall relevanten Umstände auferlegt.

 

(2)      Die Wiedergutmachung des immateriellen Schadens erfolgt durch die Wiederherstellung des Zustands vor der Verursachung des Schadens bzw. bei vollständiger oder teilweiser Unmöglichkeit oder Unangemessenheit dieser Lösung durch eine Entschuldigung oder durch die Zahlung einer angemessenen Entschädigung.

 

(3)      Stellt die Behörde oder das Gericht nach Prüfung der Umstände des Einzelfalls fest, dass der Eingriff in die gesetzlich geschützten Rechte oder Interessen des Einzelnen nicht schwerwiegend ist, so kann eine schriftliche oder öffentliche Entschuldigung einen ausschließlichen oder ergänzenden Ersatz des immateriellen Schadens darstellen.

 

(4)      Schadenersatz für immaterielle Schäden kann höchstens auf 7 000 Euro festgesetzt werden. Wird ein schwerwiegender immaterieller Schaden verursacht, so kann die Entschädigung auf höchstens 10 000 Euro festgesetzt werden; bei Verlust des Lebens oder besonders schweren Gesundheitsschäden kann sich der Höchstbetrag der Entschädigung auf bis zu 30 000 Euro belaufen.“

 

 

Der EuGH hat diese Frage bejaht, und konkretisiert diese Aussage: 

 

Art. 82 Abs. 1 DSGVO ist dahin auszulegen, dass eine Entschuldigung einen angemessenen Ersatz eines immateriellen Schadens auf der Grundlage dieser Bestimmung darstellen kann, insbesondere, wenn es nicht möglich ist, die Lage vor dem Eintritt des Schadens wiederherzustellen, sofern diese Form des Schadenersatzes geeignet ist, den der betroffenen Person entstandenen Schaden in vollem Umfang auszugleichen.

 

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