
Offenlegung von Gesundheitsdaten in Online-Rezension: BVwG bestätigt DSGVO-Strafe gegen Facharzt
Urteil des BVwG vom 5. Februar 2025 (GZ: W291 2298821-1)
In einer aktuellen Entscheidung beschäftigte sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit der Frage, ob ein Arzt im Rahmen einer Reaktion auf eine Google-Rezension die Diagnose einer Patientin öffentlich machen darf.
Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für Ärzt:innen, Gesundheitsdienstleister und alle Verantwortlichen, die mit besonderen Kategorien personenbezogener Daten umgehen.
Hintergrund
Eine Patientin hinterließ auf Google eine kritische Rezension über ihren Besuch bei einem Facharzt. In ihrem Beitrag erwähnte sie weder Diagnose noch konkrete Gesundheitsdaten.
Der Arzt reagierte öffentlich auf die Bewertung – und nannte dabei explizit die ärztlich festgestellte Diagnose „Reizung eines Sehnenansatzes“.
Die Datenschutzbehörde (DSB) qualifizierte diese Veröffentlichung als unzulässige Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten iSd Art. 9 Abs. 1 DSGVO und verhängte eine Geldstrafe von 4.000 €.
Entscheidung des BVwG
Das BVwG bestätigte im Wesentlichen die rechtliche Einschätzung der Datenschutzbehörde:
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Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 DSGVO: Gesundheitsdaten unterliegen einem besonderen Schutz. Die Veröffentlichung der Diagnose war ohne entsprechende Rechtsgrundlage erfolgt.
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Keine Ausnahme nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO (Rechtsgrundlage für die Verarbeitung dieser Daten):
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Die Patientin hatte selbst keine Gesundheitsdaten öffentlich gemacht – somit war Art. 9 Abs. 2 lit. e DSGVO („betroffene Person hat die Daten offensichtlich öffentlich gemacht“) nicht anwendbar. Die Tatsache, dass sie Patientin des Verantwortlich war, hat sie selbst öffentlich gemacht, sodass die Verarbeitung dieses Datums durch den Arzt im Rahmen einer Reaktion auf die Bewertung rechtlich durch Art 9 Abs 2 l it e DSGVO gedeckt gewesen wäre.
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Auch die Geltendmachung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen (Art. 9 Abs. 2 lit. f DSGVO) war nicht einschlägig, da keine konkrete rechtliche Auseinandersetzung bestand. Die (auch schlechte) Bewertung auf einem Bewertungsportal stellt eben nohc keinen derartigen Rechtsstreit dar.
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Reduktion der Geldstrafe
Das BVwG berücksichtigte jedoch mildernde Umstände: die Löschung der öffentlichen Antwort, die finanziellen Verhältnisse des Arztes sowie seine familiären Verpflichtungen.
Einkommen: monatliches Nettoeinkommen von EUR 5.000 bis EUR 6.000 (12-mal im Jahr.
Vermögensverhältnisse: 8 Jahre altes Auto, eine Vespa, gemeinsames (mit der Ehefrau) Einfamilienhaus. Zudem hat er eine Vespa, keine Schulden, keine Sparbücher,
keine Wertpapiere
Familienverhältnisse: zwei Kinder (ein Student, eine Schülerin) und Bezug der Familienbeilife. Der Sohn bekommt im Monat EUR 400 und zusätzlich wird das Studentenheim mit EUR 600 bezahlt.
Die Strafe wurde auf 3.000 € reduziert, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 180 Stunden herabgesetzt.
Die Strafe entspricht daher 3,40% des jährlichen Netteinkommens des Verantwortlichen.
Datenschutzrechtliche Bewertung
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Gesundheitsdaten dürfen auch im Rahmen von Online-Kommunikation nicht ohne (besondere) Rechtsgrundlage offengelegt werden.
- Auch wenn Betroffene öffentlich Kritik äußern, rechtfertigt das keine Offenlegung sensibler Informationen durch Verantwortliche im Rahmen einer Reaktion darauf; dies stellt (noch) keine Rechtsverteidigung dar.
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Die Berufung auf ein „Recht zur Gegendarstellung“ genügt nicht für eine Datenverarbeitung iSd Art. 9 Abs. 2 DSGVO.
Fazit
Das BVwG setzt mit dieser Entscheidung ein klares Signal für den Schutz besonders sensibler Daten im digitalen Raum.
Die Reaktion auf Kundenbewertungen – insbesondere im Gesundheitsbereich – erfordert höchste datenschutzrechtliche Sorgfalt.
Ärzt:innen und andere Gesundheitsdienstleister sollten interne Richtlinien zum Umgang mit Online-Bewertungen etablieren, um rechtliche Risiken zu minimieren, oder sich einfach bei den Reaktionen zurückhalten, um keinerlei Gesundheitsdaten zu veröffentlichen, die nicht schon von der betroffenen Person selbst veröffentlicht wurden..
Quelle: BVwG, 05.02.2025, GZ W291 2298821-1, Link zur Entscheidung im RIS
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