Amazon darf die Arbeitstätigkeit von Mitarbeiter_Innen minutengenau monitoren und damit die Abläufe steuern und Prozesse optimieren
Steuerung von Abläufen und deren Optimierung steht oft im Widerstreit mit "Überwachung" oder "Kontrolle" von Mtiarbeiter*Innen.
Zum möglichst effizienten Einsatz von Ressourcen ist es notwendig, detaillierte Informationen über Abläufe zu erheben.
Dies geht meist mit der Erhebung von Daten über die Arbeitsabläufe von Mitarbeiter*Innen einher.
In Deutschland ergab sich daraus ein Rechtsstreit zwischen Amazon Logistik Winsen GmbH und der zuständigen Aufsichtsbehörde.
Die Landesbeauftragte für den Datenschutz in Niedersachsen erlies gegen Amazon Logistik Winsen GmbH (bereits im Jahr 2020; Medienbericht) eine Verfügung, in der die Datenerhebung von Arbeitsabläufen von Mitarbeiter*Innen untersagt wurde. Konkret wurde dem Verantwortlichen untersagt, ununterbrochen und jeweils aktuell und minutengenau Qualitäts- und Quantitätsleistungsdaten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erheben und weiter zu verarbeiten.
Dagegen erhob die Verantwortliche Klage beim Verwaltungsgericht Hannover, und die Richterinnen und Richter des Verwaltungsgerichts (GZ 10 A 6199/20) haben am 9.2.2023 vor Ort im Logistikzentrum von Amazon verhandelt, und sich ein Bild von den konkreten Abläufen gemacht.
Nun entschied das VG Hannover im Sinne von Amazon, wobei Amazon argumentierte, dass "aktuelle und minutengenaue individuelle Leistungswerte bei der Steuerung der Logistikprozesse kurzfristig dazu benötigt werden, um auf Schwankungen in einzelnen Prozesspfaden durch Verschiebungen reagieren zu können. Anhand der aktuellen Leistungswerte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könne sie erkennen, ob Mitarbeitende an einem bestimmten Tag besonders schnell oder besonders langsam arbeiteten und hierauf durch Umverteilung reagieren.
Mittelfristig würden zurückliegende individuelle Leistungswerte benötigt, um die konstanten Stärken und Schwächen der Mitarbeitenden zuverlässig erfassen und bei der flexiblen Einsatzplanung berücksichtigen zu können.
Zudem ermögliche diese Vorgehensweise die Schaffung objektiver und fairer Bewertungsgrundlagen für Feedback und Personalentscheidungen.
Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern könne objektives und individuell leistungsbezogenes Feedback gegeben werden, das nicht durch subjektive Wahrnehmungen beeinflusst sei."
Die Landesbeauftragte für den Datenschutz in Niedersachsen Barbara Thiel sieht die Sache nach wie vor anders und kritisiert das VG Hannover:
„Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überwiegt“
„Der durch die minutengenaue Leistungsdatenerhebung sowie deren weitere Verarbeitung entstehende Anpassungs- und Leistungsdruck ist aus meiner Sicht höher zu gewichten als das wirtschaftliche Interesse des Unternehmens.“
Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung ist noch möglich. Wir werden Sie zum Verfahren weiter auf dem Laufenden halten
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