Mein Team und ich stehen für die Beratung des Betriebsrates in Zusammenhang mit Datenanwendungen und der Verarbeitung von personenbezogenen Daten von Arbeitnehmerinnen im Unternehmen zur Verfügung.
Dem Betriebsrat kommt beim Schutz der personenbezogenen Daten von Arbeitnehmerinnen im Unternehmen eine bedeutende Rolle zu.
Mitwirkungsrechte des Betriebsrates bei Datenanwendungen
Die Organisationsregeln eines Unternehmens in Bezug auf die Mitwirkungsrechte eines Betriebsrates (BR) finden
sich im Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG). Der BR vertritt die Interessen der Arbeitnehmerschaft in einem Unternehmen gegenüber dem Betriebsinhaber/der Betriebsinhaberin und nimmt die wirtschaftlichen, sozialen,
gesundheitlichen und kulturellen Interessen wahr. Die §§ 89 ff ArbVG sind mit „Befugnisse der
Arbeitnehmerschaft“ betitelt, woraus ersichtlich ist, dass die darin geregelten Rechte als Rechte der ArbeitnehmerInnen in einem
Betrieb ausgestaltet sind, und diese Rechte vom BR als Vertreter wahrgenommen
werden.
Allgemeines Kontrollrecht und Inverventionsrecht des BR
In diesen Regelungen des ArbVG finden sich z.B. ein allgemeines Kontrollrecht (§ 89), der dem BR die Überwachung der Einhaltung von Rechtsvorschriften (z.B. auch des Datenschutzgesetzes) ermöglicht, oder auch das sog. Interventionsrecht (§ 90), womit gewährleistet sein soll, dass der BR auch die Möglichkeit hat, gesetzwidrige Handlungen des Betriebsinhabers (auch in Bezug auf Datenanwendungen, die z.B. gegen das Datenschutzgesetz (DSG) verstoßen)
abzustellen.
Einsicht in Lohnaufzeichnungen (auch ohne Zustimmung des/der
Arbeitnehmers/in)
Aus diesen Kontroll- und Interventionsrechten des BR ergeben sich auch Möglichkeiten, in die Lohnaufzeichnungen Einsicht zu nehmen und diese zu
überprüfen. In diesem Zusammenhang hat der OGH z.B. bereits ausgesprochen, dass auch ohne
Zustimmung des einzelnen Arbeitnehmers/der einzelnen Arbeitnehmerin der BR die Möglichkeit haben muss, dieses Recht auszuüben. Das
Höchstgericht hat sich dabei intensiv mit dem Datenschutzgesetz auseinandergesetzt, und ist zum Schluss gekommen, dass das Überwachungsrecht gem. § 89 ArbVG einen Grund darstellt, das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen iSd DSG „zu durchbrechen.“ Dies auch deshalb, da in § 9 Z 11 DSG geregelt ist, dass das DSG die Befugnisse des BR nicht berührt.
Im Zusammenhang mit genau diesem Einsichtsrecht in die Lohnaufzeichnungen stellt sich auch die Frage, in welcher Art und Weise der Betriebsinhaber/die Betriebsinhaberin dies gewährleisten
muss.
In einer Entscheidung des OGH begehrte der BR den direkten Zugang zum Personalverrechnungsprogramm, u.a. mit dem
Hinweis, dass das Durcharbeiten der zur Verfügung gestellten Ausdrucke zeitaufwändig sei. Der OGH lehnte dies ab, da „Einfachheit, Übersichtlichkeit und Kostenersparnis“ keine ausreichenden
Gründe sind, den Zugriff zu gewähren, solange sichergestellt ist, dass der BR die Ausdrucke erhält, die mit den Daten im Personalverrechnungsprogramm übereinstimmen.
Spezielle Regelungen im ArbVG in Bezug auf Datenanwendungen
Im ArbVG finden sich – bei den
Befugnissen der Arbeitnehmerschaft – aber auch Regelungen, die sich speziell mit Datenanwendungen befassen.
§ 91 ArbVG regelt
das allgemeine Informationsrecht,
das dem BR die Möglichkeit gibt vom Betriebsinhaber/von der Betriebsinhaberin Auskunft zu allen Angelegenheiten, welche die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen oder kulturellen
Interessen der ArbeitnehmerInnen des Betriebes berühren, zu verlangen (§ 91 Abs. 1 ArbVG).
Eine der relevantesten Bestimmungen in Bezug auf die Möglichkeiten des BR Informationen vom Betriebsinhaber/von der Betriebsinhaberin in Bezug auf Datenanwendungen und deren Verwendung im
Betrieb zu erhalten, ist § 91 Abs 2 ArbVG, wobei diese Regelung zweigeteilt ist.
Einerseits verpflichtet diese Bestimmung den Betriebsinhaber/die Betriebsinhaberin, den Betriebsrat, aktiv über Folgendes zu informieren:
Andererseits hat der Betriebsrat ein explizites Recht, die Grundlagen für die Verarbeitung und Übermittlung zu prüfen, wobei dies insbesondere auch die Programmdokumentation umfasst.
Abwicklungstipps
Es ist daher für jeden BR
empfehlenswert, z.B. bei den stattfindenden Quartalsgesprächen (siehe insbes § 92 ArbVG), das Thema „Grundsätze
der Betriebsführung in technischer Hinsicht“ und Datenanwendungen auf die Tagesordnung zu setzen, und den Betriebsinhaber/die Betriebsinhaberin auf seine/ihre Verpflichtungen und auch die expliziten Rechte des Betriebsrates (nicht nur in Bezug auf die
Lohnaufzeichnungen) hinzuweisen, und auch die Grundlagenprüfung vertieft durchzuführen.
Betriebsvereinbarungen und Datenanwendungen im Unternehmen
Eine weitere wesentliche
Möglichkeit der Mitbestimmung des BR in einem Betrieb ist die Gestaltung der Beziehungen der Arbeitnehmerschaft zum Betriebsinhaber/zur Betriebsinhaberin durch Betriebsvereinbarungen, die auch für
Datenanwendungen bzw. „technische Systeme“ von Bedeutung sind.
Gegenstand von Betriebsvereinbarungen sind Angelegenheiten, in denen durch Gesetz (z.B. Arbeitsverfassungsgesetz
oder Arbeitszeitgesetz) oder Kollektivvertrag der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zugelassen wird. Das grundsätzliche System von Betriebsvereinbarungen ist relativ komplex, und diese werden
wie folgt eingeteilt:
Fakultative oder freiwillige Betriebsvereinbarungen: diese sind Maßnahmen im Unternehmen, die in Form einer freiwilligen Einigung zwischen BR und BetriebsinhaberIn geregelt werden.
Notwendige Betriebsvereinbarungen: diese betreffen Maßnahmen im Unternehmen, die ohne eine derartige Betriebsvereinbarung, d.h. der Zustimmung des BR, nicht umgesetzt werden können. Die notwendigen
Betriebsvereinbarungen wiederum unterteilen sich in „erzwingbare“
Betriebsvereinbarungen, die von beiden Parteien (BR oder BetriebsinhaberIn) bei den staatlich eingerichteten Schlichtungsstellen
durchgesetzt werden können, wenn eine der Vertragsparteien sich weigert, eine vorgeschlagene Betriebsvereinbarung abzuschließen, und „zwingende“ Betriebsvereinbarungen, bei denen es diese Schlichtungsmöglichkeit nicht
gibt.
Für „Datenanwendungen“ bedeutsam
sind Betriebsvereinbarungen über:
(als notwendige, zwingende Betriebsvereinbarungen)
(als notwendige, erzwingbare Betriebsvereinbarungen)
Die wesentlichen Entscheidungen der Höchstgerichte befassen sich mit Unterlassungsklagen von BR gegen den/die
BetriebsinhaberInnen, da Datenanwendungen in Betrieb genommen wurden, ohne dass die notwendige Zustimmung des BR im Rahmen einer Betriebsvereinbarung vorlag (z.B. Telefonanlage, die Daten speichert:
8ObA288/01p; Zugangskontrolle im KH mittels Fingerscan: 9ObA109/06d).
All den Entscheidungen ist gemeinsam, dass der OGH davon ausgeht, dass im Arbeitsverhältnis eine bestimmte Kontrollunterworfenheit systemimmanent ist. Die Treuepflicht des Arbeitnehmers und dessen Recht auf Schutz seiner
Privatsphäre bzw. Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens stehen den Interessen des Arbeitgebers auf effizienten Einsatz der Betriebsmittel und auch das Grundrecht auf
Unverletzlichkeit des Eigentums gegenüber.
„Jeder Mensch hat auch während der Zeit, in der er zur Arbeitsleistung in einem Arbeitsverhältnis verpflichtet ist, u.a. das
Recht auf Unversehrtheit der Intimsphäre, auf Freiheit von unbefugter Abbildung und auf Achtung seines Wertes als menschliches Wesen. Kontrolle an sich verstößt noch nicht gegen die
Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers. Es gehört vielmehr zum Wesen des Arbeitsverhältnisses, dass sich der Arbeitnehmer der Kontrolle des Arbeitgebers unterwirft (8 ObA 288/01p u.a.). Der
Begriff der Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers darf nicht dahin missverstanden werden, dass nur das Kontrollieren privaten Verhaltens während der Arbeit die Menschenwürde betreffen könne.
Auch die Kontrolle rein dienstlichen Verhaltens kann zustimmungspflichtig sein. Vor allem durch zu große, über das für die Erreichung des Kontrollzwecks erforderliche Ausmaß hinausgehende
Kontrolldichte bei der Arbeit kann die Menschenwürde iSd § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG tangiert werden.“
Die Intensität der Kontrolle ist
das entscheidende Kriterium, und zwar in folgender Hinsicht:
Der auslegungsbedürftige Begriff „Menschenwürde“ und die Regelung im ArbVG soll dafür sorgen, dass die freie
Entfaltung des Arbeitnehmers keinen übermäßigen Beschränkungen ausgesetzt ist.
Empfehlung bei der Einführung von Datenanwendungen, die personenbezogene Daten von MitarbeiterInnen enthalten
Um daher in einem Betrieb
festzustellen, ob Datenanwendungen bestehen, die schon bei der Einführung der Zustimmung des BR erforderlich gemacht hätten, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise: